Ungelesener Beitrag
von Ingo Teschke » 27. Mai 2020 21:55
Hallo,
ich kann die teilweise negativen Rückmeldungen zu diesem Umbau nicht wirklich nachvollziehen. Klar, eine durchgängig unabhängig trassierte Strecke wäre besser, aber das wäre nur über Grundstücksenteignungen und massiv höheren Kosten durch Leitungsumverlegungen gegangen - von der zeitlichen Verzögerung und damit dem verzögerten Einsatz breiter Straßenbahnen auf der 2 und 10 ganz zu schweigen. Seit dem Hemelinger Tunnel ist der Individualverkehr auf der Strecke deutlich zurückgegangen, auch wenn er immer noch spürbar ist. Man hat aber durch Pförtner-Ampelschaltungen meines Erachtens das Optimum herausgeholt, und bei meinen drei Beobachtungen der letzten Tage (klar, nicht repräsentativ, momentan deutlich weniger Verkehr wg. Ausfall Mercedes) hat es gut funktioniert. Vom Zeppelintunnel kommend schaltet die Bahn den Individualverkehr auf Rot und kann ungehindert in die Haltestelle Bhf. Sebaldsbrück einfahren. Sofern vorher überhaupt Fahrzeuge vor der Bahn waren, können sie während des Haltestellenaufenthaltes auch noch zusätzlich abfließen. Dadurch ist es höchst unwahrscheinlich, dass es auf den 100 Metern nach der Haltestelle Bahnhof Sebaldsbrück im Mischverkehr zu Problemen kommt. An der Einmündung Semmelweissstrasse bekommt die Bahn wieder freie Fahrt Richtung Sebaldsbrück, während der parallel laufende MIV geblockt wird. Ausgehend von der Hauptachse Sebaldsbrücker Heerstrasse fährt die Bahn hinter der Semmelweissstraße wieder in einem Mischbereich ein, der grösstenteils geräumt sein sollte. Da muss es schon zu ganz großen Störungen gekommen sein, bis der Bereich wirklich zugestellt ist.
Richtung Gröpelingen hat die Bahn ab Trinidadstraße einen eigenen Gleiskörper, und zwar einen, der seinen Namen wirklich verdient. Die alte Streckenführung war so eng, dass die Bahn de facto an einem fahrenden Lieferwagen nicht vorbeigekommen war. Da war das Störungspotenzial deutlich höher als heute. Dann kommt die Einmündung Semmelweissstraße, und hier bekommt die Bahn wieder eine Pförtnerschaltung, d.h. der MIV wird geblockt, und die Bahn setzt sich vor den Individualverkehr. Auch hier dann 100 Meter neue Mischverkehrsfläche, ohne dass ich ernsthafte Schwierigkeiten sehe.
Wenn ich das mal zusammenfassend bewerte:
Positiv:
- eine deutlich sichere Haltestelle Bahnhof Sebaldsbrück (früher haben mehrmals täglich unachtsame Autofahrer die Ampeln missachtet und sind an den öffnenden Türen der Straßenbahnen vorbeigefahren und haben die aussteigenden Fahrgäste gefährdet).
- barrierefreie Haltestelle anstelle Einstieg auf der Fahrbahn
- Zusammenlegung der Haltestellen 2, 10, 21. Gerade die alte Haltestelle der 21 Richtung Horn-Uni war überhaupt nicht umsteigefreundlich
- Zwischen Trinidadstraße und Semmelweissstraße sicherer Abstand auch zu größeren Autos = weniger Störungspotenzial
- kein Eingriff in Leitungsinfrastruktur und keine Enteignungsverfahren
Negativ:
- Richtung Sebaldsbrück 100 Meter (vor Semmelweissstraße) und 200 Meter Mischverkehrsflächen anstelle abschraffierte Fläche, durch Pförtnerschaltungen freigehalten
- Richtung Gröpelingen 100 Meter (zwischen Semmelweissstraße und Haltestelle Bhf. Sebaldsbrück) neue Mischverkehrsfläche anstelle enger Fahrbahnen, durch Pförtnerschaltung freigehalten.
Unter Abwägung der Pros und Cons bin ich klar für die gewählte Lösung und würde mich freuen, wenn das eingesparte Geld an anderen Stellen im ÖPNV investiert wird, z.B. an der m.E. größten Katastrophen-Haltestelle Föhrenstraße (dies ist einem stark frequentierten Umsteigepunkt zwischen Bahn und Bus einfach unwürdig).
Gruß
Ingo