Moin,
ich will auch nochmal ein paar Punkte aus der Diskussion aufgreifen:
Arne Schmidt hat geschrieben: ↑9. August 2021 16:43
Naja, das kommt immer drauf an, wo du die Mitte der "Innenstadt" siehst. Es gibt da auch andere Betrachtungsweisen, die nicht Karstadt als das Zentrum des Universums ansehen.
Wobei die Grafiken im verlinkten Video ab 13:30 ja schon zeigen, dass die Obernstraße eine bessere Erschließungswirkung als eine Strecke in der Martinistraße hat. Sicherlich wäre z. B. die Schlachte über eine Strecke in der Martinistraße besser erreichbar. Dafür aber so Ecken wie Knochenhauerstraße gar nicht mehr. Wenn man die Radien betrachtet, ist die Obernstraße schon so ziemlich das Optimum.
Arne Schmidt hat geschrieben: ↑9. August 2021 16:43
Denk weiterhin einmal an die Situation in Hamburg: Die Spittalerstraße, eine der am meisten besuchten Einkaufsstraßen hat in etwa die Breite der Obernstraße. Warum wird dort denn kein Verkehr (mehr) durchgeleitet? Weil es der Fußgängerzone abträglich ist und zu wenig Raum bleibt. Stattdessen werden logischerweise die Busse über die Mönckebergstraße geführt. Aus gutem Grund: Die Straße ist breit genug dafür (ähnlich der Martinistraße) und bietet - bei jetzt nur noch zwei Fahrstreifen - vergleichbare Platzverhältnisse wie sie später einmal für auch die Martinistraße für Fußgänger gelten sollen.
Die Mönckebergstraße kann man, finde ich, aber verkehrlich nur schwer mit der Obernstraße vergleichen. Zwei Straßenbahnlinien im 10-Minuten-Takt sind definitiv eine andere Hausnummer als das, was durch die Mönckebergstraße fährt, nämlich eine recht beträchtliche Anzahl an Buslinien in deutlich dichterem Takt und der Taxiverkehr. Den Verkehr könnte hier die Obernstraße niemals verträglich leisten.
Arne Schmidt hat geschrieben: ↑9. August 2021 16:43
Nur sind in der Martinistraße weniger attraktive Geschäfte zu finden als im Hamburger Pendant, die vorhandene Fußwegbereiche sind hier jetzt schon zu breit für das vorhandene, spärliche Angebot. (Vielleicht könnte ja hier durch mehr Fußgängerverkehr eine Belebung eingeleitet werden). In der Obernstraße (mit Bahn) sind die Freiräume für Fußgänger dagegen zu viel eng. Dann noch die Radfahrer. Es passt also irgendwie nicht zusammen...
Ganz ehrlich: Die Innenstadt jetzt noch mit einer weiteren Einkaufsstraße aufzublähen finde ich definitiv verkehrt. Man hat ja schon genug Probleme, in den bisherigen Geschäften Mieter zu finden. Die Martinistraße zu einer neuen Mönckebergstraße umzubauen, ist da doch nicht der richtige Weg. Ziel der Umgestaltung der Martinistraße sollte eher sein, die Barriere zur Schlachte abzuschaffen. Und das kann man (meines Erachtens) durch eine zweispurige Straße mit Zebrastreifen und Grünstreifen besser erreichen, als wenn man die Straße mit dem Straßenbahnverkehr sogar noch zusätzlich belastet.
Und zur Fahrradfahrerproblematik jetzt mal eine ganz verrückte Idee: Wie wäre es, wenn man Fahrradfahren in der Obernstraße verbietet? Das ist bei Fußgängerzonen auch nicht so ganz unüblich. Alternativen sollten mit einer verkehrsberuhigteren Martinistraße und dem Premium-Radweg am Wall eigentlich vorhanden sein.
Wobei ich sagen muss, dass mich die Fahrradfahrer in der Obernstraße noch nie gestört haben. Gibt es davon überhaupt so viele?
Arne Schmidt hat geschrieben: ↑9. August 2021 16:43
Du hast sicherlich recht, wenn du behauptest, eine Verlegung wird am Geld scheitern. Dann ist es eben so. Ich verlange aber vorher von der Landesregierung, dass hier eine objektive, sachliche Prüfung und Gegenüberstellung der Kosten gemacht gemacht wird - ohne ideologische Vorgaben.
Würde das ganze halbwegs günstig und schnell machbar sein, wie es bei einem reinen Busnetz vielleicht der Fall wäre, dann hätte ich kein Problem damit, wenn die Ost-West-Linien künftig durch die Martinistraße fahren. Sollte sich das ganze dann als Fehler herausstellen, kann man immer noch gegensteuern. In Hamburg (um das Beispiel von oben aufzugreifen) fahren die Buslinien z. B. aktuell hauptsächlich baustellenbedingt, aber auch um es mal zu testen nicht mehr durch die Mönckebergstraße, sondern durch eine Parallelstraße.
Bei einer Straßenbahnverlegung würde man vollendete Tatsachen schaffen. Wenn man dann feststellt, dass man es dadurch nicht schafft, die Innenstadt attraktiver zu machen, kann man nicht einfach wieder zurückrudern. Von daher habe ich arge Probleme damit, so viel Geld und Mühe in ein Projekt zu stecken was "eventuell möglicherweise" die Innenstadt attraktiver macht. Und ob man die tatsächlichen Auswirkungen in einer Studie wirklich vorhersehen kann, wage ich auch zu bezweifeln. Einfach Stadt XY heranziehen geht ja nicht, dafür sind Innenstädte zu unterschiedlich. Und auch Zukunftsannahmen zum Kauf- oder Mobilitätsverhalten sind problematisch, wie uns die jüngste Vergangenheit gezeigt hat.
Arne Schmidt hat geschrieben: ↑10. August 2021 12:03
Kleiner Nachtrag noch von mir zum Thema mobilitätseingeschränkte Personen: Meine Mutter ist über 80 und mit Rollator unterwegs. Sie bewegt sich aus gutem Grund mittlerweile nur noch in ihrem eigenen Stadtteil. Die Innenstadt kommt für sie überhaupt nicht mehr infrage, da ausgerechnet die hochgelobten Haltestellen in der Obernstraße und Hutfilterstraße für sie und andere Rollatorfahrer am wenigsten zu bewältigen sind (bedingt durch die Höhe des Ausstiegs). Das Ein- und Aussteigen ist das Problem, nicht evtl. ein paar Meter weiter laufen. Zur Abhilfe müssten also mitten in der Fußgängerzone Bahnsteige gebaut werden. Werden die Kosten auf der Seite auch berücksichtigt?
Hier vermischt du zwei Dinge, die meines Erachtens nicht vermischt gehören. Nämlich zum einen die Lage der Haltestelle, und zum anderen den Ausbau der selbigen.
Die Lage der Haltestelle Obernstraße ist ziemlich gut, wenn man in die Innenstadt möchte. Da wird dir bestimmt auch deine Mutter zustimmen.
Was definitiv aber nicht gut ist, ist der Ausbau, bzw. genauer, die Barrierefreiheit. In Sachen Barrierefreiheit ist Bremen ein Dritte-Welt-Land. Wir müssen nur mal bedenken, dass von den Straßenbahnhaltestellen keine einzige(!) vollständig barrierefrei ist. Haltestellen wie Obernstraße oder Gastfeldstraße sind da nur die traurigen Höhepunkte. Sobald nur noch 2,65 Meter breite Fahrzeuge unterwegs sind, wird man jede(!) Haltestelle im BSAG-Netz umbauen müssen. Nicht nur in der Obernstraße. Mit der Verlegung hat das primär erstmal nichts zu tun. Es sollte daher m. E. auch nicht als Argument zur Verlegung der Straßenbahn in der Martinistraße herangezogen werden. Dass Kosten für den Ausbau anstehen, sollte bekannt sein. Genauso wird man aber irgendwann auch mal Gleise oder Oberleitungen tauschen müssen. Würde die Martinistraßenstrecke bereits existieren, würden die Kosten dort genauso anfallen.
Ob barrierefreie Bahnsteige der Funktion der Obernstraße als Fußgängerzone zuträglich sind, ist dagegen schon eher eine Frage, die man im Zusammenhang mit der Straßenbahnverlegung stellen darf und vielleicht sogar sollte. M. E. ist da eine Erhöhung der Bürgersteige auf ca. 40 Metern Länge noch im Rahmen. Aber das ist sicherlich Geschmackssache.
Und ganz unabhängig davon: Eine Straßenbahnhaltestelle in der Martinistraße wäre für deine Mutter doch mindestens genauso schlecht. Die Obernstraße erreicht man von dort als mobilitätseingeschränkte Person nur mit Umwegen, in der Kleinen und Großen Waagstraße sowie der Kahlenstraße befinden sich immerhin sogar Treppen.