Koalitionsvertrag 2019-2023 online mit etlichen Überraschungen im ÖPNV

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Tw3120
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Re: Koalitionsvertrag 2019-2023 online mit etlichen Überraschungen im ÖPNV

Ungelesener Beitrag von Tw3120 » 4. Juli 2019 22:05

Ich hoffe, dass möglichst viel von den Plänen der rot-grün-roten Koalition in Sachen ÖPNV umgesetzt wird.

Bei der Verlängerung der Linien 1 und 8 habe ich auch noch Hoffnung auf die Umsetzung, da früher immer die SPD die Grünen ausgebremst hatte. Das dürfte mit zwei anderen Parteien in der Koalition nun wohl unterbleiben. Außerdem musste die Trasse der Linie 8 aufgrund einer Klage nach dem Personenbeförderungsgesetz neu geplant/überarbeitet werden, was mindestens zwei Jahre dauern dürfte.

Spannend dürfte die Umsetzung der autofreien Innenstadt werden. Auf den Innenstadtstrecken sind Bahnen und Busse in der Hauptverkehrszeit oft so voll, dass man mit dem jetzigen Fahrplan nicht mehr viele zusätzliche Fahrgäste gewinnen kann. Hier müsste man öfter fahren, was natürlich die Anschaffung zusätzlicher Straßenbahnen bedeuten würde.

Durch die Lieferung der bereits bestellten Bahnen hat man eine Chance, die Zahl der Bahnen schnell zu erhöhen. Anstelle für jede neue Bahn eine alte Bahn (GT8N) zu verschrotten, könnte man vielleicht 10 bis 20 Bahnen vorübergehend behalten. Man müsste allerdings spätestens in ein bis zwei Jahren eine neue Ausschreibung für neue Bahnen starten, die die dann noch vorhandenen alten Zusatzbahnen ersetzen. Eventuell ließe sich eine Ausschreibung über 20 Bahnen mit mehreren Optionen (z. B. jeweils über nur 5 oder 10 Bahnen) durchführen. Durch diese Maßnahme müssten die alten Bahnen nicht viel länger fahren als es sowieso geplant ist. Unter Umständen müssen noch die Betriebshöfe für die zusätzlichen Bahnen angepasst werden, da in einem Interview mit der BSAG von mangelndem Platz die Rede war, die eine sofortige Verschrottung aller alten Bahnen erfordern würde.

Wenn die neue Regierung in dieser Sache nicht entsprechend schnell handelt, wird die autofreie Innenstadt an fehlenden ÖPNV-Kapazitäten scheitern.

BRE
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Re: Koalitionsvertrag 2019-2023 online mit etlichen Überraschungen im ÖPNV

Ungelesener Beitrag von BRE » 5. Juli 2019 10:57

Naja, mehr Straßenbahnen schön und gut. Aber die müssen ja auch irgendwo fahren. Zwischen Domsheide und Bahnhof ist die Trasse heute mit 4, 6, 8, 24 und 25 schon gut ausgelastet. Und das ÖPNV-Angebot ist nur ein Baustein: Park&Ride-Plätze müssten geschaffen werden. Viele fahren ja heute mit dem Auto, weil sie nicht anders können. Viele Verbindungen sind ohne Auto gar nicht sinnvoll möglich. Handwerker, Pflegedienste etc. werden auf Kraftfahzeuge weiter angewiesen sein. Der Verkehr der heute durch die Innenstadt fließt ohne diese als Start oder Ziel zu haben, wird ja auch nicht verschwinden und Bremen hat kein sinnvoll ausgebautes Straßennetz mit dem man die Innenstadt umfahren könnte.

Die autofreie Innenstadt ist sicher eine gute Idee, ich befürchte aber, dass sie - so wie die Koalitionäre sich das vorstellen - gar nicht umsetzbar ist. Da muss weit mehr getan werden als die Straßen zu sperren.

haubra
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Re: Koalitionsvertrag 2019-2023 online mit etlichen Überraschungen im ÖPNV

Ungelesener Beitrag von haubra » 5. Juli 2019 15:49

Ich staune immer über Aussagen, dass Streckenabschnitte gut ausgelastet sind. Bis in die achtziger Jahre fuhren zum Beispiel durchs Steintor die Linien
2, 3 und 10 jeweils im 6-Minuten Takt und beide Straßenseiten waren komplett zugeparkt. Im Herdentor fuhren in den 60ern die 4, 5, 7 und 15 im 5-Minuten Takt, dazu die Buslinien 23, 24 und 25 im 3-4 Minuten-Takt - okay mit weniger Individualverkehr, aber dafür ohne abgetrennte Spuren.

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Re: Koalitionsvertrag 2019-2023 online mit etlichen Überraschungen im ÖPNV

Ungelesener Beitrag von Katzenbus » 5. August 2019 09:13

Tw3120 hat geschrieben:
4. Juli 2019 22:05
Durch die Lieferung der bereits bestellten Bahnen hat man eine Chance, die Zahl der Bahnen schnell zu erhöhen. Anstelle für jede neue Bahn eine alte Bahn (GT8N) zu verschrotten, könnte man vielleicht 10 bis 20 Bahnen vorübergehend behalten.
Hallo!

Ich finde auch, man sollte unbedingt versuchen, bis auf Weiteres mind. 10 GT8N im Bestand zu halten!

Erinnern wir uns an den letzten Fahrzeugwechsel: Da wollte man die Wegmann-GT4/GB4 auch so schnell wie möglich vom Hof haben. Die fehlende Behindertenfreundlichkeit war damals das Argument, glaube ich. Als ein paar Jahre später die GT8N einer nach dem anderen ausfielen, hatten wir dann Fahrtausfälle auf allen Linien und die hastige aus Bielefeld, Bremerhaven und sonstwo zusammengekauften "Best Ager" im SEV auf der Linie 6.

Und denken wir daran: Seit die 5/5S werktags im 20-Minuten-Takt angewärmte Luft und ein paar stark verwirrte bis leicht verängstigte Shopper aus der Waterfront durch den Bremer West kutschiert, die eigentlich mit der 3 fahren wollten ( ;) ), , fallen auf der 1S morgens Fahrten aus und Ersatzbusse zur Universität gibt es auch schon wieder.

Ich kenne die internen Berechnungen der BSAG nicht. Aber so wie ich das sehe, brauchen wir auch in Zukunft noch einige GT8N. Nicht als Reserve, für Taktverdichtungen oder neue Strecken, sondern schon alleine um den Betrieb im Ist-Zustand gewährleisten zu können.

Viele Grüße, der Katzenbus!

BRE
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Re: Koalitionsvertrag 2019-2023 online mit etlichen Überraschungen im ÖPNV

Ungelesener Beitrag von BRE » 5. August 2019 19:36

Besser wäre aber einfach noch mal 10 Avenios ordern. Die GT8N sind durch...

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Hansa-Tw
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Re: Koalitionsvertrag 2019-2023 online mit etlichen Überraschungen im ÖPNV

Ungelesener Beitrag von Hansa-Tw » 5. August 2019 20:49

BRE hat geschrieben:
5. August 2019 19:36
Besser wäre aber einfach noch mal 10 Avenios ordern. Die GT8N sind durch...
Über sieben Avenios besteht noch eine Option. Unabhängig von deren Einlösung wäre es sicher klug eine paar GT8N aufzuheben - man könnte die besten raussuchen und sich aus dem Rest entsprechend mit Ersatzteilen bevorraten. Schwierig wird das allerdings trotzdem wegen zukünftig geringerer Abstellmöglichkeiten. Zwar wurden diese am Flughafendamm und in der Vahr etwas vergrößert, durch den Um-/Neubau Gröpelingen gehen dort für ca. ein bis anderthalb Jahre sämtliche Abstellmöglichkeiten verloren und in Sebaldsbrück wird ein Abstellgleis in der rechten Halle durch die nötige Gleismittenerweiterung obsolet. Das sind ungünstige Bedingungen, um den Fuhrpark aufzustocken. Entspannen wird sich das erst mit Inbetriebnahme der neuen Abstellanlage Gröpelingen.

BSAG-Vorstand Hajo Müller erklärte dazu am 1.6.2019 im WK: „Wir haben einfach keinen Platz“, sagt Müller. Jeder 45-Meter-Tieflader, der eine Avenio bringt, soll eine alte Tram innerhalb Bremens zum Abwracken transportieren. „Einen oder zwei Züge bekommt das Straßenbahnmuseum Bremen.“

Edit: WK-Zitat ergänzt

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Re: Koalitionsvertrag 2019-2023 online mit etlichen Überraschungen im ÖPNV

Ungelesener Beitrag von BRE » 5. August 2019 22:00

Das wäre eben der Vorteil an einer erweiterten Avenio-Bestellung: Die könnte man so ordern, dass sie erst kommen, wenn Gröpelingen fertig ist und damit der Platz da ist. Die Zeit bis dahin wird es dann halt nicht besser. Eine andere Frage ist: Bei fortgesetztem Netzausbau könnte auch ein weiterer Betriebshof oder wenigstens eine Abstellanlage Sinn machen. Insbesondere nach Lilienthal haben die Bahnen beim Ausrücken schon einen sehr weiten Weg. Selbst wenn man das Geld in die Hand nehmen würde, dürfte das allerdings an einem geeignetem Standort scheitern.

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Betriebshof für Fahrzeuge nach Lilienthal

Ungelesener Beitrag von Nordlicht » 6. August 2019 10:50

BRE hat geschrieben:
5. August 2019 22:00
Insbesondere nach Lilienthal haben die Bahnen beim Ausrücken schon einen sehr weiten Weg. Selbst wenn man das Geld in die Hand nehmen würde, dürfte das allerdings an einem geeignetem Standort scheitern.
In den 90er-Jahren soll es lt. Aussagen eines älteren (inzwischen verstorbenen) Straßenbahnfreundes tatsächlch mal Überlegungen gegeben haben, nördlich der damaligen Endstelle Riensberg der Linie 6 einen Betriebshof zu errichten, um genügend Abstellmöglichkeiten für den zu erwartenden erhöhten Fahrzeugmehrbedarf durch die Verlängerung nach Lilienthal zur Verfügung zu haben.
Nachdem die Verbindung nach Lilienthal aber zugunsten der Linie 4 fiel, wurden die Pläne - auch aus Kostengründen - wieder aufgegeben.
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Re: neuer/zusätzlicher Betriebshof

Ungelesener Beitrag von Torsten S » 6. August 2019 15:47

Daran kann ich mich auch noch gut erinnern und mit der "Horner Spange" (1) wäre neben der Linie 6 auch die heutige Linie 4 gut anschließbar.
So oder so, ist klar, dass bei einer wirklichen Verkehrwende (also nicht nur 10 GT8N in Reserve, sondern eher 50 bis 60 zusätzliche Bahnen) die heutigen Kapazitäten nicht ausreichen würden. Mit "kleinen" Infrastrukturlösungen wird man dann das "große" Ziel nicht erreichen können.
Aber welche Möglichkeiten gäbe es noch?
Z.B. (2) Erweiterung des Bh Neue Vahr, und zwar zwischen den Gleisen der Linie 1 und der BAB A27 sowie
(3) ein völlig neuer Bh auf der im Wesentlichen brach liegenden Fläche beim früheren Güterbahnhof/Nordwestknoten (Anschluss mit einer neuen Strab-Linie nach Findorff).

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Re: Koalitionsvertrag 2019-2023 online mit etlichen Überraschungen im ÖPNV

Ungelesener Beitrag von Hansa-Tw » 18. August 2019 23:28

Gab es nicht auch mal die Idee für einen neuen Betriebshof an der Hans-Bredow-Straße, Ecke Julius-Faucher-Straße (neben Bauhaus) oder ist das ein Gerücht? Angeblich soll Höffner das Grundstück gekauft haben, aber die stecken wohl selber in Schwierigkeiten oder wachsen zumindest nicht mehr so schnell wie gedacht. Als Standort sicher nicht uninteressant, besonders wenn die Verlängerung durch die Osterholzer Heerstraße kommt.

@ Torsten S: Ich glaube, dass man gar nicht 50-60 zusätzliche Fahrzeuge braucht. Oder andersrum gefragt: Was wären deine Ideen, um die Fahrzeuge einzusetzen? 5-Minuten-Takt oder neue Linien und wenn ja, wo?

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Re: Koalitionsvertrag 2019-2023 online mit etlichen Überraschungen im ÖPNV

Ungelesener Beitrag von BRE » 19. August 2019 00:23

Bei einer wirklichen Verkehrswende kommen wir wohl nicht mal mit 50-60 Fahrzeugen mehr hin. Dann bräuchte es neben der Taktverdichtung auf bestehenden Linien auch eines Netzausbaus.

Linien 2, 3 und/oder 10 bis nach Burg, weitgehender Ersatz der Linien 24, 25 und 26/27 durch Straßenbahnen und die schon geplanten Ausbauten der Linien 1, 2 und 8 und die Verbindung in der Vahr wären da schon das Mindeste. Auf der 4 und 6 wäre wohl ein Ausbau auf Doppeltraktionen sinnvoll, da häufiger als alle 5 Minuten kaum realistisch umsetzbar sein dürfte.

Nur bisher sehe ich die - aus umweltpolitischen Gründen - dringend gebotene Verkehrswende nicht kurzfristig kommen, nicht mal mittelfristig, höchstwahrscheinlich nicht mal langfristig...

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